Über den Umgang mit ausleihbaren Büchern

Es ist immer wieder eine Freude, die Bibliothek einer Universität zu besuchen, besonders dann, wenn man sich das Ziel gesetzt hat, die Bücher zu finden, die man für seine Examensarbeit braucht.

In der Universitätsbibliothek gibt es zwei Sorten von Büchern: Einerseits diejenigen, die man mit nach Hause nehmen kann, um Kopierkosten zu sparen, und andererseits die 'nicht ausleihbaren', die also durch ihre ständige Präsenz in der Bibliothek garantieren sollen, daß jeder Student sie jederzeit ansehen und bei Bedarf kopieren kann.

Man hat sich ja schon fast daran gewöhnt, daß einige der nicht ausleihbaren Bücher weder dort im Regal zu finden sind, wo sie eigentlich stehen sollten, noch kurzfristig unter dem Deckel des Kopierers liegen. Überaus gewitzte Studenten halten sie sich in anderen Fachbereichen 'versteckt', um sich selbst und einem überschaubaren Freundeskreis ständige Verfügbarkeit zu gewährleisten. Die lange Wartezeit, die aufgebracht werden müßte, bis ein unbekannter Komilitone seine vierzig Seiten kopiert hat, ist ja auch wirklich Grund genug, um ihn seiner Quellen zu berauben.

Doch auch die ausleihbaren Bücher machen Spaß. Die erste große Freude stellt sich ein, wenn man sie zu Hause näher betrachtet. Einige Vorgänger taten sich gütlich daran, das Lesen des Werkes für die Nachwelt zu erleichtern. Sicher stellte es für sie eine Erleichterung dar, einige Stellen graphisch hervorzuheben. Bei dem Halten eines Referats beispielsweise kann es durchaus hilfreich erscheinen, gewisse Stellen mit einem weichen Bleistift zu unterstreichen und einige Textstellen mit kleinen Hinweisen am Rand zu kennzeichnen. Diese kleinen 'Hilfen' ließen sich ja auch problemlos wegradieren, was leider selten geschieht. Nur was sich jener Mensch dabei gedacht haben könnte, einen fast 40seitigen Text nahezu komplett mit einem Kugelschreiber zu unterstreichen und darüber hinaus noch mit Kommentaren zu versehen, die den Überschriften der jeweiligen Kapitel gleichen, bleibt ein Mysterium.
'Lesehilfen' zum Abschnitt 'Kinder und Medien': Die sechs Absätze, die jener Überschrift folgen, sind fast komplett unterstrichen, und am Rand sind die Anmerkungen "Kinder", "Medien" und "Kinder und Medien" zu sehen.
Es ist mir unverständlich, daß mein Vorgänger keinen Textmarker benutzt hat, um die Überschrift, die sich ja ohnehin vom Rest abhebt - dafür sind Überschriften ja auch normalerweise da - graphisch zu unterlegen.

Eine weitere Freude sucht den Studenten heim, wenn er anhand der bevorzugten Lesezeichen des Vorgängers - oft handelt es sich hierbei um Toilettenpapier - den hygienischen Standart einer vorangegangenen Lesung rekonstruieren kann, wovon er in den meisten Fällen besser absehen sollte, besonders dann, wenn er im Bett liest oder sich zwischendurch mit etwas Eßbarem die grauen Zellen bei Laune halten möchte.

Mein Appell richtet sich an alle Studierenden, die immer noch nicht begriffen haben, daß die Bibliothek den Leuten ein Nutzen sein soll, die sich nicht alle Bücher kaufen können, die sie zum Studieren benötigen - wobei davon auszugehen ist, daß die gekauften Exemplare aller Voraussicht nach unbeschmiert bleiben, da sie ja sonst später nicht mehr gewinnbringend weiterverkauft werden könnten. Danke auch.

Zum Nachfühlen empfehle ich Hurrelmann oder Zinnecker aus der Bibliothek der Uni Lüneburg.